Wenn Betroffene den Konsum abstreiten

Abhängigkeit ist eine Krankheit, die sich nach und nach entwickelt. Besonders bei Alkohol zeigen sich äussere Symptome erst Jahre nach Beginn des problematischen Konsums. Veränderungen in der Leistungsfähigkeit der betroffenen Person nimmt das berufliche Umfeld oft lange nicht wahr oder es sieht darüber hinweg. Arbeitskolleginnen, Arbeitskollegen und Vorgesetzte passen sich im Laufe der Zeit an das Verhalten der betroffenen Person an. Dies kann so weit gehen, dass sie ihre Leistungserwartungen nach unten korrigieren, damit diese mit der veränderten Realität übereinstimmen.

 

Wenn Betroffene den Konsum abstreiten Wenn Vorgesetzte herauszufinden versuchen, ob jemand ein Alkoholproblem hat, wird die betroffene Person in der Regel alles Mögliche tun, um das Problem zu leugnen und zu verbergen (vgl. Kapitel zu Abwehrmechanismen bei Alkoholabhängigkeit). Betroffene entwickeln eine Reihe von Strategien um zu verhindern, dass ihr problematischer Konsum offensichtlich wird. Im Berufsleben legen Betroffene phasenweise grosse Leistungs- und Kooperationsbereitschaft an den Tag, wodurch es ihnen häufig gelingt, viele ihrer Defizite und Fehlleistungen wettzumachen.

 

Die „Diagnosefalle“

Vorgesetzte, die eine Abhängigkeit zu diagnostizieren versuchen, wählen den falschen Ansatz. Eine solche Diagnose kann nur eine spezialisierte Fachperson stellen.

 

Richtig reagieren

Am sinnvollsten ist es, wenn Vorgesetzte auf beobachtete Veränderungen in Arbeitsverhalten und Leistung reagieren. Führungspersonen sind nicht nur Fachleute auf diesem Gebiet, sie sind auch berechtigt bzw. sogar verpflichtet, Veränderungen im Arbeitsverhalten und in der Leistung festzuhalten und anzusprechen.

Da Vorgesetzte aufgrund ihrer Funktion die ersten sind, die solche Veränderungen bemerken, spielen sie beim Umgang mit alkoholbedingten Problemen am Arbeitsplatz eine zentrale Rolle.

 

Aufmerksam sein und handeln Veränderungen im Arbeitsverhalten und Leistungseinbussen können auch andere Ursachen haben als ein Alkoholproblem. Persönliche oder familiäre Schwierigkeiten oder gesundheitliche Probleme können die Arbeitsleistung beeinflussen.

Wenn Vorgesetzte ihren Mitarbeitenden gegenüber aufmerksam sind, werden sie eine solche Verhaltensveränderung rasch erkennen. Sie können das Gespräch mit den Mitarbeitenden suchen und ihnen Hilfe anbieten, zum Beispiel indem sie ihnen empfehlen, sich an die Personalabteilung oder den Sozialdienst des Unternehmens oder an eine andere spezialisierte Organisation zu wenden.

Indem Vorgesetzte ihren Mitarbeitenden gegenüber aufmerksam sind und Veränderungen ansprechen, zeigen sie Anerkennung und Wertschätzung. Den Angestellten wird dadurch indirekt mitgeteilt: „Es ist mir nicht gleichgültig, wie es Ihnen geht". Indem Vorgesetzte das Gespräch suchen – und ein solches muss sorgfältig vorbereitet sein –, nehmen sie eine wichtige Aufgabe bei der Vermittlung professioneller Unterstützung zur Bewältigung psychosozialer Probleme wahr, ob es sich nun um ein Abhängigkeitsproblem oder um andere Schwierigkeiten handelt.